Das ist nicht das Marsabit, das ich kenne. Bei meinem letzten Besuch im Juli und August war alles Sand und wir hatten Staub gefressen. Kein grüner Halm, kein Tropfen Wasser weit und breit. In der Zwischenzeit hat es fast zwei Monate geregnet, gottlob, und die Natur ist explodiert.
Konnte man sich damals ohne Bedenken gefahrlos auf dem harten kahlen Erdboden bewegen, begibt man sich nun besser nicht ins kniehohe Gras. Allerlei unappetitliches Getier wartet da bloss auf die schmackige Blutbahn in der bleichen Wade. Die Natur ist hier in kurzer Zeit regelrecht explodiert, ein Wahnsinn, aber vor allem wahnsinnig schön.
Der Regen hat zwar auch ein paar neue Probleme gebracht, die hier nachgelesen werden können, unter dem Strich war er aber ein Segen. Und dass jetzt auch Schulferien sind, ist vor allem für die Mütter ein zusätzliches Geschenk. Jetzt können sie auch mal die Gofen losschicken um Wasser zu holen.
Nebst den ausgiebigen Regengüssen von Oktober und November erleichtern, bei aller Bescheidenheit, auch unsere Projekte den langen beschwerlichen Weg der Menschen aus der Katastrophe in die Normalität.
Die Arbeiten an den Wasserspeichern und Dämmen konnten rechtzeitig soweit fertig gestellt werden, dass niemand mehr 30 und mehr Kilometer für ein paar Kanister Wasser zu laufen braucht.
Viele der die lange Dürre überlebenden Tiere haben sich erholt und können wieder für Transporte eingesetzt werden. Die Verteilung von Heu konnte - wie die Wasserlieferungen mit Lastwagen - mittlerweile eingestellt werden. Jetzt stehen andere Herausforderungen an.
Die Anfälligkeit der Bevölkerung auf Krankheiten ist enorm. Viele Kleinkinder und ältere Menschen sind immer noch geschwächt. Durchfallerkrankungen sind an der Tagesordnung. Es gibt Cholera, Masern, Malaria und andere Tropenkrankheiten. Neben der Vorbeugung vor neuen Katastrophen stehen jetzt deshalb die Hygiene und Gesundheitsvorsorge im Fokus. Von Aufklärung und praktischen Trainings bis zu handfesten Aktionen, etwa dem Bau von Waschstellen und sauberen Latrinen.
Auf dem Rückweg von den Projektdörfern in die Stadt fahren wir immer wieder an grossen Feldern dieses Strauches vorbei:
Das ist Khat, oder wie man hier sagt "Miraa". Ein Teufelskraut, das beschwingt, wach hält und extrem schlecht für die Zähne ist. In der Schweiz ist Khat als illegale Droge verboten. Hier gilt der Saft aus den Blätter der hübschen Pflanze wie bei uns Wein und Schnaps als Genussmittel und wird von allen Bevölkerungsschichten fast jeden Alters täglich gekaut.
Miraa gehört zu den wichtigsten Einnahmequellen für die Bauern der Region. Wir lassen trotzden die Finger davon.
Montag, 12. Dezember 2011
Sonntag, 4. Dezember 2011
Die Sache mit der Sicherheit
Die Sicherheitslage im Norden und Nordosten von Kenia hat sich seit meinem letzten Besuch verschärft. Stammesfehden, in die man unverhofft geraten kann, haben zugenommen. Die Gefahr von Überfällen und Entführungen ist deutlich gestiegen. Auch Hilfsorganisationen werden mehr und mehr Ziel von Angriffen. Der Einmarsch der kenianischen Truppen nach Somalia diesen Herbst, hat die Gegend nicht sicherer gemacht. Doch dass hinter den Attacken und Anschlägen immer die somalische Al Shabaab steckt, ist das Mantra einer Anzahl Zeitungen, aber ansonsten Quatsch. Meist ist die Autorenschaft der Angriffe völlig unklar. Banditen? Milizen? Clans? Piraten? Es gibt keine Muster bezüglich Art, Ziel oder Mittel der Aktionen. Und das macht die Sache nicht einfacher.
Ja, richtig gelesen, auch mit Piraten haben wir es hier zu tun. Seit die Schiffe im indischen Ozean und dem Roten Meer vor Somalia zunehmend von schwerbewaffneten Sicherheitsfirmen eskortiert werden, leidet das Geschäft. Nicht wenige Piraterieunternehmen orientieren sich um oder diversifizieren und betreiben zunehmend auch Landpiraterie.
Kurzum, die Sicherheit benötigt höchste Aufmerksamkeit. Der Schutz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den teilweise exponierten Projektgegenden hat erste Priorität. Ende letzter Woche haben wir deshalb die Teams und unsere lokalen Partner zu einem ganztägigen Sicherheitstag nach Nairobi gerufen.
Wir arbeiten in abgelegenen Gebieten, reisen viel und lange. Die minutiöse Planung jedes "field trips" ist das A und O für einen tiefen gesunden Schlaf am Ende des Tages.
Richtiges "Sicherheitmanagement" kann als Kreis dargestellt werden:
Gefahr mal Gefährung gleich Risiko: Am Abend hatten wir die Gefahren, ihre Wahrscheinlichkeit, die Folgen bei Eintreten sowie unsere individuelle Gefährdung für alle Projektgebiete erfasst und beurteilt.
Die Resultate des Workhops fliessen nun in detaillierte Sicherheitspläne, Prozeduren und verbindliche Weisungen.
Für mich heisst das zum Beispiel, dass ich nun nicht auf der Landstrasse nach Marsabit weiterreisen, sondern wieder mit dem kleinen Flügelflitzer auf geringer Flughöhe über die fantastische kenianische Landschaft brummen werde. Das ist nicht nur deutlich sicherer, sondern auch bequemer und dazu noch ein grandioses Erlebnis.
Ja, richtig gelesen, auch mit Piraten haben wir es hier zu tun. Seit die Schiffe im indischen Ozean und dem Roten Meer vor Somalia zunehmend von schwerbewaffneten Sicherheitsfirmen eskortiert werden, leidet das Geschäft. Nicht wenige Piraterieunternehmen orientieren sich um oder diversifizieren und betreiben zunehmend auch Landpiraterie.
Kurzum, die Sicherheit benötigt höchste Aufmerksamkeit. Der Schutz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den teilweise exponierten Projektgegenden hat erste Priorität. Ende letzter Woche haben wir deshalb die Teams und unsere lokalen Partner zu einem ganztägigen Sicherheitstag nach Nairobi gerufen.
Wir arbeiten in abgelegenen Gebieten, reisen viel und lange. Die minutiöse Planung jedes "field trips" ist das A und O für einen tiefen gesunden Schlaf am Ende des Tages.
Richtiges "Sicherheitmanagement" kann als Kreis dargestellt werden:
Gefahr mal Gefährung gleich Risiko: Am Abend hatten wir die Gefahren, ihre Wahrscheinlichkeit, die Folgen bei Eintreten sowie unsere individuelle Gefährdung für alle Projektgebiete erfasst und beurteilt.
Die Resultate des Workhops fliessen nun in detaillierte Sicherheitspläne, Prozeduren und verbindliche Weisungen.
Für mich heisst das zum Beispiel, dass ich nun nicht auf der Landstrasse nach Marsabit weiterreisen, sondern wieder mit dem kleinen Flügelflitzer auf geringer Flughöhe über die fantastische kenianische Landschaft brummen werde. Das ist nicht nur deutlich sicherer, sondern auch bequemer und dazu noch ein grandioses Erlebnis.
Mittwoch, 16. November 2011
Der Regen ist da!
Endlich! Es regnet. Und wie!
Im Norden und Nordosten von Kenia schüttet es, "was es abe mag". Das ist eine gute Nachricht.
Man kann fast zusehen, wie das Gras wieder aus dem Boden schiesst, so schnell geht das hier.
Die Menschen eilen mit Kanistern und Kübeln zu jedem Weiher, zu jeder Pfütze. Da lauert aber auch neue Gefahr.
Oft ist das Wasser verunreinigt und ungeniessbar. Geschwächte Menschen können schnell und schwer daran erkranken.
Auch für viele Tiere hatte der starke Regen schon fatale Folgen. Sie erkälteten sich und erkrankten und starben an Lungenentzündung.
Die nicht befestigten Strassen verwandeln sich in Schlammpisten und Bäche. Das erschwert den Transport von Hilfsgütern. Aber Hilfe ist weiterhin dringend nötig. Es wird noch viele Monate dauern bis die dezimierten Herden wieder eine Grösse erreicht haben, die ausreicht um die Familien ernähren zu können. Nahrungsmittel sind weiterhin Mangelware. Die Bauern können jetzt zwar wieder etwas Korn und Hülsenfrüchte ansäen. Eine erste Ernte kann aber erst nach drei Monaten eingefahren werden.
Aber nochmals: Es regnet! Und das ist eine gute Nachricht.
Im Norden und Nordosten von Kenia schüttet es, "was es abe mag". Das ist eine gute Nachricht.
Man kann fast zusehen, wie das Gras wieder aus dem Boden schiesst, so schnell geht das hier.
Die Menschen eilen mit Kanistern und Kübeln zu jedem Weiher, zu jeder Pfütze. Da lauert aber auch neue Gefahr.
Oft ist das Wasser verunreinigt und ungeniessbar. Geschwächte Menschen können schnell und schwer daran erkranken.
Auch für viele Tiere hatte der starke Regen schon fatale Folgen. Sie erkälteten sich und erkrankten und starben an Lungenentzündung.
Die nicht befestigten Strassen verwandeln sich in Schlammpisten und Bäche. Das erschwert den Transport von Hilfsgütern. Aber Hilfe ist weiterhin dringend nötig. Es wird noch viele Monate dauern bis die dezimierten Herden wieder eine Grösse erreicht haben, die ausreicht um die Familien ernähren zu können. Nahrungsmittel sind weiterhin Mangelware. Die Bauern können jetzt zwar wieder etwas Korn und Hülsenfrüchte ansäen. Eine erste Ernte kann aber erst nach drei Monaten eingefahren werden.
Aber nochmals: Es regnet! Und das ist eine gute Nachricht.
Zwischenbilanz
Am Montag, 14. November zogen wir an einem sogenannten "Mediengespräch" in Bern eine vorläufige Zwischenbilanz der Hilfe für die Dürreopfer in Ostafrika. Dabei verteilten wir unter anderem diese Pressemitteilung, eine Übersicht über die laufenden Projekte und Überlegungen zu den weiteren Herausforderungen und Perspektiven am Horn von Afrika.
Freitag, 7. Oktober 2011
Hurri Hills
(von Regina Wenk)
Ich bin jetzt in Nordkenia, in Marsabit. Heute geht die Fahrt hinauf in die Berge, die auf 1300 Metern über Meer fast an die Grenze zu Äthiopien stossen. Wir fahren durch ein karges Gebiet aus schwarzen Lavasteinen.
Im Hintergrund erkennt man die Hügelkette. Auch hier ist alles ausgetrocknet, es gibt fast keine Tiere mehr, keine Vögel. Es ist sehr still und die Hitze und die starken Winde machen das Atmen schwer.
Als wir das Gebiet Hurri Hills erreichen, treffen wir auf eine Gruppe Menschen, die eben von der Arbeit zurück kehren. Sie waren rund eineinhalb Stunden von Ihrem Dorf zum Damm gewandert um bei den Unterhaltsarbeiten zu helfen. Müde und ohne Wasser sind sie erschöpft. Ein Mann klagt über Nierenbeschwerden, die wahrscheinlich von der Erschöpfung und der zu geringen Flüssigkeitszufuhr kommen. Wir erreichen das hoch gelegene Dorf, das auch Hurri Hills heisst. Die Aussicht über die wunderschöne Landschaft und die Weite sind beeindruckend. Hier besuchen wir den Bürgermeister, der uns über die
Lage und das Leben hier erzählt. Langsam wird es dunkel, die Sterne leuchten am klaren Himmel, morgen wird es wieder ein heisser und trockener Tag geben.
Am nächsten
Morgen besuchen wir die Umgebung und erhalten so einen Einblick über die
laufenden Arbeiten an den Dämmen, die wir mit unserem Projekt
unterstützen. Die Dämme sind gegenüber den Anlagen in Wajir eher flach,
das Fassungsvermögen daher gering. Das Entschlammen ist hier besonders
wichtig, damit das nächste Regenwasser genügend Speichervolumen hat und
die Dörfer von Hurri Hills mit Trinkwasser versorgt werden können. Frauen
und Männer arbeiten tatkräftig mit. Sie tragen den aus dem Damm
ausgehobenen trockenen Schlamm mit Kanistern und Schubkarren weit weg,
damit er in der nächsten Regenperiode nicht mehr in den Damm gespült
werden kann.
Ein weiterer
wichtiger Regenwasserspeicher sind die unterirdischen Tanks, die in den
Berg gebaut werden. Das Wasser, das am spärlich bewachsenen Hügel
anfällt, wird über einen Trichter in den Tank geleitet. Ein sehr gutes
und einfaches System das rund 82‘000 l Wasser speichern kann.
Uns
fällt auf, dass die Anlagen sehr gut unterhalten sind, sie jedoch
trocken liegen und seit langem auf einen ergiebigen Regen warten.
Nun fahren wir
an die Grenze zu Athiopien, hier liegt ein Dorf, das etwas vergessen
scheint. Auch hier werden wir sehr freundlich und offen von den
Dorfbewohnern empfangen. Sie erzählen uns von ihrem täglichen Kampf um
ein paar Tropfen Wasser und ein paar Halme Gras für das Vieh. Viele Kühe
sind bereits gestorben, die andern sind meist krank. Das Dorf hat
keinen Damm, der beim nächsten Regen Wasser speichern könnte. Hier gibt
es bloss ein paar Tanks. Ein paar der Häuser haben Wellblechdächer, von
denen ebenfalls rinnendes Regenwasser gesammelt werden kann.
Hier werden wir auch helfen müssen.
Wir
sind beeindruckt von den Menschen, die auch hier mit fast nichts
überleben müssen, eine ungewisse Perspektive haben und dennoch nicht
aufgeben.
Dann verabschieden wir uns und machen uns auf den langen Weg zurück nach Marsabit.
Montag, 26. September 2011
Orientierungshilfe
Zwischenhalt in Machesa
Es ist schon ein Weilchen her, seit dem letzten Eintrag hier. In der Zwischenzeit bin ich in die Schweiz zurückgekehrt. Die Hilfe in Marsabit und Wajir läuft natürlich längst auf Hochtouren. Und es sind weitere Projekte dazugekommen; mehr darüber aber später.
Die Hilfe für die Dürreopfer in Ostafrika wird von lokalen Caritas-Partnern umgesetzt. Delegierte von Caritas Schweiz begleiten und unterstützen diese Partner vor Ort. In der Gegend von Wajir in Ostkenia zum Beispiel Regina Wenk. Auch sie berichtet in diesem Blog. Die erste Reise nach ihrer Ankunft in Kenia führte sie nahe an die somalische Grenze:
Die Strasse ist mehr eine holprige Piste mit tiefen Spuren im lehmigen Sand, die bei Gegenverkehr fast kein Ausweichen möglich machen. Der Fahrer muss sich konzentrieren, um all den Schlaglöchern und Bodenwellen ausweichen zu können. Am Strassenrand sehen wir immer wieder kleine Antilopen und Giraffen. Sie sind sehr mager, die Suche nach Wasser führt sie näher zu den Dörfern. Wir treffen auf Kinder und Frauen, die mit ihren Kühen oder Kamelen die Umgebung nach Nahrung absuchen. Es ist alles ausgedorrt, trocken und staubig. Und dazwischen immer wieder abgestorbene dornige Büsche. Ein kleiner Knabe, der mit Kamelen unterwegs ist, bittet uns um Wasser. Wir reichen ihm eine Flasche und machen seinen langen Weg ein bisschen erträglicher.
Wir erreichen Machesa, ein Dorf, rund 100 Kilometer von Wajir entfernt. Sofort sind wir umringt von Männern, die uns ihr Leid klagen. Es sind die gleichen Geschichten wie überall in der Gegend. Kein Regentropfen seit sechs Monaten, kein Wasser mehr da. Keine Nahrung. Die Kühe geben keine Milch mehr, die Tiere sterben dahin, die Menschen werden krank, wenn sie es nicht schon sind.
Dorfszene in Machesa
Machesa hat ein grosses Becken mit Damm, das vor 15 Jahren zur Regenwasserspeicherung gebaut wurde. Jetzt ist der Damm ausgetrocknet, das Becken verschlammt und rund um das Reservoir liegen Tierkadaver. Trotzdem ist mein erster Eindruck, dass Machesa im Vergleich gut versorgt ist. Ein 18'000 Kubikmeter grosser unterirdischer Wassertank steht neben dem Damm ausserdem zur Verfügung. Bloss, auch er ist leer. Und dann hat das Dorf auch ein eigenes Bohrloch, das einzige im Umkreis von 50 Kilometern. Bloss, das letzte wenige Wasser, das hier aus 180 Metern gefördert wird, ist verschmutzt und salzig, und nur für die Tiere knapp geniessbar.
In Machesa richten wir mit Hilfe der Bevölkerung den Damm wieder für die Speicherung von Wasser her. Die Menschen hier haben die Hoffnung nicht aufgegeben, dass im Spätherbst erstmals wieder Regen fällt. 125 Männer und Frauen mit Schubkarren und Schaufeln braucht es, um das Becken zu entschlammen und zu säubern. Ausserdem bauen wir eine Vorrichtung, ein sogenanntes Absetzbecken mit Überlaufwand, das eine erneute Verschlammung in Zukunft verhindern soll. Dazu sichern wir den Damm so, dass weder Menschen noch Tiere das gespeicherte Wasser verschmutzen können.
Jetzt ist aber Zeit. Wir müssen weiter. In zwei Stunden beginnt die Dämmerung. Bis dann sollten wir in Wajir sein. Aus Sicherheitsgründen fahren wir nur bei Tageslicht.
Die Hilfe für die Dürreopfer in Ostafrika wird von lokalen Caritas-Partnern umgesetzt. Delegierte von Caritas Schweiz begleiten und unterstützen diese Partner vor Ort. In der Gegend von Wajir in Ostkenia zum Beispiel Regina Wenk. Auch sie berichtet in diesem Blog. Die erste Reise nach ihrer Ankunft in Kenia führte sie nahe an die somalische Grenze:
Die Strasse ist mehr eine holprige Piste mit tiefen Spuren im lehmigen Sand, die bei Gegenverkehr fast kein Ausweichen möglich machen. Der Fahrer muss sich konzentrieren, um all den Schlaglöchern und Bodenwellen ausweichen zu können. Am Strassenrand sehen wir immer wieder kleine Antilopen und Giraffen. Sie sind sehr mager, die Suche nach Wasser führt sie näher zu den Dörfern. Wir treffen auf Kinder und Frauen, die mit ihren Kühen oder Kamelen die Umgebung nach Nahrung absuchen. Es ist alles ausgedorrt, trocken und staubig. Und dazwischen immer wieder abgestorbene dornige Büsche. Ein kleiner Knabe, der mit Kamelen unterwegs ist, bittet uns um Wasser. Wir reichen ihm eine Flasche und machen seinen langen Weg ein bisschen erträglicher.
Wir erreichen Machesa, ein Dorf, rund 100 Kilometer von Wajir entfernt. Sofort sind wir umringt von Männern, die uns ihr Leid klagen. Es sind die gleichen Geschichten wie überall in der Gegend. Kein Regentropfen seit sechs Monaten, kein Wasser mehr da. Keine Nahrung. Die Kühe geben keine Milch mehr, die Tiere sterben dahin, die Menschen werden krank, wenn sie es nicht schon sind.
Dorfszene in Machesa
Machesa hat ein grosses Becken mit Damm, das vor 15 Jahren zur Regenwasserspeicherung gebaut wurde. Jetzt ist der Damm ausgetrocknet, das Becken verschlammt und rund um das Reservoir liegen Tierkadaver. Trotzdem ist mein erster Eindruck, dass Machesa im Vergleich gut versorgt ist. Ein 18'000 Kubikmeter grosser unterirdischer Wassertank steht neben dem Damm ausserdem zur Verfügung. Bloss, auch er ist leer. Und dann hat das Dorf auch ein eigenes Bohrloch, das einzige im Umkreis von 50 Kilometern. Bloss, das letzte wenige Wasser, das hier aus 180 Metern gefördert wird, ist verschmutzt und salzig, und nur für die Tiere knapp geniessbar.
In Machesa richten wir mit Hilfe der Bevölkerung den Damm wieder für die Speicherung von Wasser her. Die Menschen hier haben die Hoffnung nicht aufgegeben, dass im Spätherbst erstmals wieder Regen fällt. 125 Männer und Frauen mit Schubkarren und Schaufeln braucht es, um das Becken zu entschlammen und zu säubern. Ausserdem bauen wir eine Vorrichtung, ein sogenanntes Absetzbecken mit Überlaufwand, das eine erneute Verschlammung in Zukunft verhindern soll. Dazu sichern wir den Damm so, dass weder Menschen noch Tiere das gespeicherte Wasser verschmutzen können.
Jetzt ist aber Zeit. Wir müssen weiter. In zwei Stunden beginnt die Dämmerung. Bis dann sollten wir in Wajir sein. Aus Sicherheitsgründen fahren wir nur bei Tageslicht.
Freitag, 19. August 2011
Sonntag, 14. August 2011
Hotel Plaza
Anders als die Leute, die hier ihr ganzes Leben verbringen, können wir wieder weg. Haben keinen Mangel an Wasser und keinen an Brot. Mich beispielsweise erwartet nach meiner Rückkehr in Nairobi ein komfortables Guesthouse. Kein Sternepalast, wir sollen ja keine Spendengelder in Ferienresorts investieren, aber immerhin, es ist ein richtiges kleines schniekes Hotel mit Dusche und einem Speisesaal.
Sind wir aber unterwegs in die Projektgebiete, und die liegen allesamt abseits der all-inclusive Safarirouten, dann haben wir meistens keine Wahl. Zu den besten Adressen auf dem Weg von Nairobi nach Garissa und Wajir gehört das Hotel Plaza.
Der Gasthof befindet sich direkt an der Strasse, in dem grössten Gebäude einer Ortschaft, deren Namen ich schon wieder vergessen habe.
Gemäss Wegweiser soll es hier noch eine zweite Unterkunft für Durchreisende geben. Bloss, wir waren zu müde, uns auch noch um Hotelvergleiche zu kümmern. Obschon, auf die da im Hof des Plaza hätten wir verzichten können.
Sind wir aber unterwegs in die Projektgebiete, und die liegen allesamt abseits der all-inclusive Safarirouten, dann haben wir meistens keine Wahl. Zu den besten Adressen auf dem Weg von Nairobi nach Garissa und Wajir gehört das Hotel Plaza.
Der Gasthof befindet sich direkt an der Strasse, in dem grössten Gebäude einer Ortschaft, deren Namen ich schon wieder vergessen habe.
Gemäss Wegweiser soll es hier noch eine zweite Unterkunft für Durchreisende geben. Bloss, wir waren zu müde, uns auch noch um Hotelvergleiche zu kümmern. Obschon, auf die da im Hof des Plaza hätten wir verzichten können.
Jambo Wajir
Wajir ist eine kleine, schmucklose Stadt mit knapp 40'000 Einwohnern, rund 700 Pistenkilometer nordöstlich von Nairobi. Es ist der Hauptort des gleichnamigen Countys, das rund dreieinhalb mal so gross ist wie die Schweiz. Die Bevölkerung gehört fast ausschliesslich zum muslimischen Stamm der Somali. Bauten wie auf diesem Bild gibt es nur in der Stadt. Ausserhalb von Wajir Town leben die Menschen in einfachsten Behausungen und unter extremsten Bedingungen.
Wajir County ist bettelarm. Und es wächst kein Grashalm mehr. Lebensmittel gibt es auf dem Markt in der Stadt. Hergekarrt mit Lastwagen aus Zentralkenia. Kohl, Reis, manchmal Mais, Linsen, Zucker, Tee. Nur, den Hirten fehlt das Geld, um Essen zu kaufen. Wegen dem Vieh. Die noch nicht verendeten Tiere kalbern nicht mehr, geben keine Milch und sind so mager, dass sie sich nicht mehr zu Geld machen lassen. Dazu kommt, dass als Folge der Dürre die Lebensmittelpreise explodiert sind. Nicht, weil plötzlich weniger Mehl oder Öl vorhanden wäre. Aber mit der Not lassen sich auch hervorragend Geschäfte machen.
Wajir ist neben Marsabit die zweite Caritas-Projektregion im Dürregebiet von Kenia. Wie in Marsabit wollen wir auch hier Trinkwasser, Nahrung und Futter für die Tiere liefern sowie mit Arbeitseinsätzen für die Dorfgemeinschaften Einkommensmöglichkeiten schaffen. Neben der Reparatur von Dämmen und Wasserfassungen (wie in Marsabit), drängt in Wajir auch die Entsorgung der massenhaft herumliegenden Tierkadaver. Vor allem in der Nähe der Hütten und der Wasserlöcher stellen diese zunehmend eine Gefahr für Hygiene und Gesundheit dar.
Jambo! Grüezi Wajir, wir kommen. Ich selber setze mich jetzt allerdings wieder in den Landcruiser und holpere so rasch wie möglich nach Nairobi zurück. Dort schreibe ich meinen Reisebericht respektive bringe das Hilfsprogramm in allen Details zu Papier, damit es in der Schweiz rasch bewilligt und hier sofort umgesetzt werden kann.
Wajir County ist bettelarm. Und es wächst kein Grashalm mehr. Lebensmittel gibt es auf dem Markt in der Stadt. Hergekarrt mit Lastwagen aus Zentralkenia. Kohl, Reis, manchmal Mais, Linsen, Zucker, Tee. Nur, den Hirten fehlt das Geld, um Essen zu kaufen. Wegen dem Vieh. Die noch nicht verendeten Tiere kalbern nicht mehr, geben keine Milch und sind so mager, dass sie sich nicht mehr zu Geld machen lassen. Dazu kommt, dass als Folge der Dürre die Lebensmittelpreise explodiert sind. Nicht, weil plötzlich weniger Mehl oder Öl vorhanden wäre. Aber mit der Not lassen sich auch hervorragend Geschäfte machen.
Wajir ist neben Marsabit die zweite Caritas-Projektregion im Dürregebiet von Kenia. Wie in Marsabit wollen wir auch hier Trinkwasser, Nahrung und Futter für die Tiere liefern sowie mit Arbeitseinsätzen für die Dorfgemeinschaften Einkommensmöglichkeiten schaffen. Neben der Reparatur von Dämmen und Wasserfassungen (wie in Marsabit), drängt in Wajir auch die Entsorgung der massenhaft herumliegenden Tierkadaver. Vor allem in der Nähe der Hütten und der Wasserlöcher stellen diese zunehmend eine Gefahr für Hygiene und Gesundheit dar.
Jambo! Grüezi Wajir, wir kommen. Ich selber setze mich jetzt allerdings wieder in den Landcruiser und holpere so rasch wie möglich nach Nairobi zurück. Dort schreibe ich meinen Reisebericht respektive bringe das Hilfsprogramm in allen Details zu Papier, damit es in der Schweiz rasch bewilligt und hier sofort umgesetzt werden kann.
Der Exodus von Löwe, Giraffe und Co.
Zu tausenden liegen die Kadaver in den vertrockneten Ebenen. Das verdurstete und verhungerte Vieh wird da liegen gelassen, wo es gestorben ist. Den Rest besorgen die Krähen und Geier. Zwischen den verhungerten und verdursteten Ziegen, Schafen, Kühen und Kamelen der Bauern und Nomaden, liegen auch immer mehr Wildtiere. Vor allem Antilopen und Giraffen.
Der Osten Kenyas hat eine reiche Fauna. Neben Giraffen, Antilopen und riesigen und winzigen Vögeln gibt es hier auch Hyänen, Geparde und Löwen. In den wenigen bewaldeten Zonen am Rand der Halbwüste leben Büffel und Elefanten. Auch sie kämpfen ums Überleben. Der kenianische Wildlife Service KWS, der für die Nationalparks und den Schutz der Tierwelt zuständig ist, schätzt die Zahl des durch die Dürre getöteten Wilds auf weit über 2 Millionen. Dazu kommt, dass viele Tierarten kaum mehr Nachwuchs hervorbringen.
Auf der Suche nach Wasser und Nahrung legen auch Löwe, Giraffe und Co. immer weitere Strecken zurück, was an einzelnen Orten bereits zu einem eigentlichen Exodus der Wildtiere aus ihren angestammten Revieren geführt hat. Einzelne Arten suchen auch zunehmend die Nähe von Siedlungen. Die Hyänen, die sich am frühen Morgen keine hundert Meter von meiner Unterkunft entfernt herumtreiben, sind riesenhaft imfall! Gross wie Kälber! Zähne wie Dolche! Die Hyänchen in unseren Zoos sind halbe Portionen dagegen und wirken im Gegensatz wie Kuschelbärchen.
Der Osten Kenyas hat eine reiche Fauna. Neben Giraffen, Antilopen und riesigen und winzigen Vögeln gibt es hier auch Hyänen, Geparde und Löwen. In den wenigen bewaldeten Zonen am Rand der Halbwüste leben Büffel und Elefanten. Auch sie kämpfen ums Überleben. Der kenianische Wildlife Service KWS, der für die Nationalparks und den Schutz der Tierwelt zuständig ist, schätzt die Zahl des durch die Dürre getöteten Wilds auf weit über 2 Millionen. Dazu kommt, dass viele Tierarten kaum mehr Nachwuchs hervorbringen.
Auf der Suche nach Wasser und Nahrung legen auch Löwe, Giraffe und Co. immer weitere Strecken zurück, was an einzelnen Orten bereits zu einem eigentlichen Exodus der Wildtiere aus ihren angestammten Revieren geführt hat. Einzelne Arten suchen auch zunehmend die Nähe von Siedlungen. Die Hyänen, die sich am frühen Morgen keine hundert Meter von meiner Unterkunft entfernt herumtreiben, sind riesenhaft imfall! Gross wie Kälber! Zähne wie Dolche! Die Hyänchen in unseren Zoos sind halbe Portionen dagegen und wirken im Gegensatz wie Kuschelbärchen.
Dienstag, 9. August 2011
Dürre in Ostafrika - Kenia
Dürre in Ostafrika - Kenia, ein Album auf Flickr.
Aktuelle Bilder aus Marsabit, Kenia von unserem Mitarbeiter Alex Voets.
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